Systemische Aufstellungsarbeit in der Politik
von Peter Klein (Vorstand Infosyon)
Ein Interview mit Dr. Matthias Strolz (Vorsitzender NEOS)
Peter Klein, Vorstand infosyon (Forschung & Entwicklung): Herr Dr. Strolz, Sie nennen die NEOS die „erste systemische Partei“. Was bedeutet das für Sie, für Ihre Aufstellung nach innen, und was für die Außenwirkung, in der politischen Landschaft. Was zeichnet die NEOS als eine erste systemische Partei aus?
Dr. Matthias Strolz, Parteivorsitzender NEOS: In unserer Innenperspektive als Partei heißt das, dass wir für unsere Organisation einen ganzheitlichen Blick haben. Anhand eines systemischen Organisationsmodells wird große Aufmerksamkeit auf vier Pole gelegt: Strategie (also inhaltlich-programmatische Entwicklung), Struktur (z. B. Aufbau- und Ablaufstruktur, inklusive Prozesse), unsere Kultur (das Miteinander; v. a. geschriebene und ungeschriebene Spielregeln und unsere Kommunikation) sowie die Exekution, also die Umsetzung. Hier arbeiten wir in der Organisationsentwicklung auch immer wieder mit systemischen Strukturaufstellungen. Wir haben uns damals bei Gründung – sogar in unseren ersten Statuten verankert – zu einer permanenten Selbstreflexion verpflichtet, in der wir uns selbstkritisch mit unseren Dynamiken auseinandersetzen. In dieser Haltung verstehen wir uns als systemische Bürgerinnen- und Bürger-Bewegung und wollen dies mit Leben füllen. Dies ist die Innenperspektive.
Auch in der Außenperspektive haben wir einen ganzheitlichen Ansatz. Wir sind keine ideologisch-dogmatische Partei, sondern eine wertebasierte BürgerInnenbewegung, aufbauend auf fünf Kernwerten: Freiheitsliebe, Eigenverantwortung, Nachhaltigkeit, Authentizität und Wertschätzung. Wir haben zu den drei Inhalts-Stifterinnen – die drei erstgenannten Kernwerte – also auch „Haltungswerte“ bzw. stilistische Werte aufgenommen: Authentizität und Wertschätzung. Das ist unüblich. Man wird keine andere Partei finden, die Authentizität und Wertschätzung als Kernwerte hat, weil so etwas in der ideengeschichtlichen Tradition Europas für Parteien bisher nicht vorgesehen war.
Einen systemischen, ganzheitlichen Anspruch stiftet natürlich auch die Nachhaltigkeit. Sie ist für uns wertemäßig die Mutter der Generationen-gerechtigkeit und sie steht auch für die Balance einer sozialökologischen Marktwirtschaft als unser Leitmodell wirtschaftlicher Art.
Das alles sind integrale oder systemische Konzepte und Entwürfe. Am Anfang habe ich das in Interviews öfter auch explizit so ausgeschildert. Aber ich habe bemerkt, dass ich damit viele Menschen nur verwirrte. Daher ist dieses soziologische und für Viele sperrige Vokabular stärker in den Hintergrund getreten.
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