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    Der Geschäftsmann und der Fischer

    aus: John Strelecky – Das Cafe´am Rande der Welt – Eine Erzählung über den Sinn des Lebens

    Es war einmal ein Geschäftsmann, der in Urlaub fuhr, um dem Alltag zu entfliehen und sozusagen seine Batterien wieder aufladen wollte. Er flog weit weg in eine abgelegene Gegend und verbrachte einige Tage in einem kleinen Dorf am Meer. Ein paar Tage lang beobachtete er die Dorfgemeinschaft und stellte fest, dass ein bestimmter Fischer am glücklichsten und zufriedensten von allen wirkte. Der Geschäftsmann wollte gerne wissen, woran das lag und fragte den Fischer schließlich, was er jeden Tag tat.

    Der Mann antwortete ihm, dass er jeden Morgen nach dem Aufwachen mit seiner Frau und seinen Kindern frühstücke. Dann gingen seine Kinder zur Schule, er fuhr zum Fischen raus und seine Frau malte. Ein paar Stunden später kam er mit genügend Fisch für die Familienmahlzeiten nach Hause und machte ein Nickerchen. Nach dem Abendessen gingen er und seine Frau am Strand spazieren und beobachteten den Sonnenuntergang, während die Kinder im Meer schwammen.

    Der Geschäftsmann war fassungslos. „Machen Sie das jeden Tag?“, fragte er.

    „Meistens schon“, antwortete der Fischer. „Manchmal machen wir auch andere Dinge, aber für gewöhnlich sieht mein Leben so aus.“

    „Und Sie können jeden Tag genügend Fische fangen?, fragte der Geschäftsmann.

    „Ja“, antwortete der Fischer, „es gibt viele Fische.“

    „Könnten Sie mehr Fische fangen, als Sie für Ihre Familie mit nach Hause nehmen?“, erkundigte sich der Geschäftsmann weiter.

    Der Fischer antwortete lächelnd: „Oh ja, häufig fange ich viel mehr und lasse sie einfach wieder frei. Sie müssen wissen, ich liebe es zu fischen.“

    „Aber warum fischen sie nicht den ganzen Tag und fangen so viele Fische, wie Sie können?“, hakte der Geschäftsmann nach. „Dann könnten Sie den Fisch verkaufen und viel Geld verdienen. Schon bald könnten Sie ein zweites Boot kaufen und dann ein drittes Boot, andere Fischer beschäftigen, die ebenfalls viele Fische fangen. In ein paar Jahren könnten Sie sich ein Büro in einer großen Stadt einrichten, und ich wette, dass Sie innerhalb von zehn Jahren ein internationales Fischhandelsunternehmen aufbauen könnten.“

    Der Fischer sah den Geschäftsmann freundlich an. „Und warum sollte ich all das tun?“

    „Nun, wegen des Geldes“, antwortete der Geschäftsmann. „Sie würden es tun, um eine Menge Geld zu verdienen, und sich dann zur Ruhe setzen.“

    „Und was würde ich dann in meinem Ruhestand tun?, fragte der Fischer.

    „Naja, was immer Sie möchten, nehme ich an“, sagte der Geschäftsmann.

    „Etwa mit meiner Familie frühstücken?“

    „Ja zum Beispiel“, sagte der Geschäftsmann ein bisschen verärgert darüber, dass der Fischer sich nicht stärker für seine Idee begeisterte.

    „Und da ich so gerne zum Fischen gehe, könnte ich, wenn ich wollte, jeden Tag ein bisschen fischen?“ fuhr der Fischer fort.

    „Ich wüsste nicht was dagegen spräche“, sagte der Geschäftsmann. „Wahrscheinlich würde es dann nicht mehr so viele Fische geben, aber vermutlich wären noch genügend da.“

    „Vielleicht könnte ich dann auch meine Abende mit meiner Frau verbringen. Wir könnten am Strand spazieren gehen und den Sonnenuntergang beobachten, während unsere Kinder im Meer schwämmen?“ fragte der Fischer.

    „Sicher, alles, was Sie wollen, wobei Ihre Kinder dann wahrscheinlich schon erwachsen sein dürften“, sagte der Geschäftsmann.

    Der Fischer lächelte ihn an, gab ihm die Hand und wünschte ihm gute Erholung

    Der Prinz und der Zauberer

    aus: John Fowles, The Magus zit. nach Bandler

     

    Es war einmal ein junger Prinz, der glaubte an alles, mit Ausnahme von drei Dingen:

    Er glaubte nicht an Prinzessinnen
    Er glaubte nicht an Inseln
    Er glaubte nicht an Gott.

    Sein Vater, der König, sagte ihm, dass es solche Dinge nicht gäbe. Da es nun im Reich seines Vaters weder Prinzessinnen noch Inseln und auch keine Spur von Gott gab, glaubte der Prinz seinem Vater.

    Aber eines Tages lief der Prinz vom Palast fort und kam in das Nachbarland. Zu seinem Erstaunen sah er vor jeder Küste Inseln und auf diesen Inseln fremde, beunruhigende Wesen, die er nicht zu benennen wagte. Als er nach einem Schiff Ausschau hielt, kam ihm am Strand ein Mann in voller Abendgala entgegen.

    „Sind das echte Inseln?“ fragte der junge Prinz.
    „Natürlich sind das echte Inseln“, sagte der Herr in Abendgala.
    „Und jene fremden und beunruhigenden Wesen?“
    „Das sind echte und leibhaftige Prinzessinnen.“
    „Dann muss es auch Gott geben!“, rief der Prinz.
    „Ich bin Gott“, antwortete der Herr in Abendgala mit einer Verbeugung.

    Der junge Prinz kehrte, so schnell er konnte, wieder nach Hause zurück. „Du bist also zurückgekehrt“, sagte sein Vater, der König.
    „Ich habe Inseln gesehen, ich habe Prinzessinnen gesehen, ich habe Gott gesehen“, sagte der Prinz vorwurfsvoll. Der König war ungerührt.

    „Weder gibt es wirkliche Inseln noch wirkliche Prinzessinnen noch einen wirklichen Gott“.
    „Ich habe sie gesehen!“
    „Sag mir wie Gott gekleidet war.“
    „Gott trug volle Abendgala.“
    „Waren die Ärmel seines Fracks hochgeschlagen?“
    Der Prinz entsann sich, dass sie es gewesen waren. Der König lächelte.
    „Das ist die Kleidung eines Magiers. Du bist getäuscht worden.“

    Darauf kehrte der Prinz ins Nachbarland zurück und ging an denselben Strand, wo er abermals auf den Herrn in Abendgala traf.

    „Mein Vater, der König, hat mir gesagt, wer Sie sind“, sagte der Prinz empört. „Sie haben mich letztes Mal getäuscht, diesmal aber nicht. Jetzt weiß ich, dass das keine echten Inseln und echten Prinzessinnen sind, denn Sie sind ein Magier.“

    Der Herr am Strand lächelte. „Du hast Dich getäuscht, mein Junge. In deines Vaters Reich gibt es viele Inseln und viele Prinzessinnen. Du bist aber unter deines Vaters Bann, so dass du sie nicht sehen kannst.

    Nachdenklich kehrte der Prinz heim. Als er seinem Vater begegnete, sah er seinem Vater ins Gesicht.
    „Vater stimmt es, dass du kein echter König bist, sondern nur ein Magier?“

    Der König lächelte und schlug seine Ärmel zurück. „Ja, mein Sohn, ich bin nur ein Magier.“
    „Dann war der Herr am anderen Strand Gott.“
    „Der Herr am anderen Strand war ein anderer Magier.“
    „Ich muss die Wahrheit wissen, die Wahrheit jenseits der Magie.“
    „Es gibt keine Wahrheit jenseits der Magie.“

    Der Prinz war von Trauer erfüllt. Er sagte: „Ich werde mich umbringen.“ Durch einen Zauber ließ der König den Tod erscheinen. Der Tod stand in der Tür und winkte dem Prinzen. Der Prinz erschauerte. Er erinnerte sich der schönen aber unwirklichen Inseln und der unwirklichen aber schönen Prinzessinnen. „Also gut“, sagte er, „ich kann das ertragen.“

    „Du siehst mein Sohn“, sagte der König, „auch du beginnst, ein Magier zu sein.“

    Überraschung

    Ein Frosch saß auf dem Brunnenrand,
    der Schlossfassade abgewandt,
    als die Prinzessin näher kam
    und zärtlich seine Froschhand nahm.

    „Dich, Frosch“, so sprach die Süße leis,
    „muss ich jetzt küssen wild und heiß,
    denn täuscht mich nicht die ganze Welt,
    steckt in dir drin ein großer Held!“

    Der Kuss geschah, und gleich darauf
    schoss eine hohe Flamme auf:
    Der Frosch stand stolz als Elch im Hof,
    die Maid – als Fröschin – glotzte doof.

    An neuer Lebensweisheit reich
    sprang traurig sie zum Gartenteich.
    Egal wie man es ausgeheckt,
    die Spannung bleibt, was drinnen steckt.

    aus: Rolf Stemmle, Der Mensch im Tier

    Die fünf Spiegel

    aus: Katharina Seidel, Der Engel des Moshe. Moderne Gleichnisse II, Luzern 1999

    Zu Salomon kamen vielerlei Leute mit ihren Fragen. Einen bewegte (er drückte sich neuzeitlich aus, wenn das Problem auch alt ist) die Suche noch seiner Identität.

    „Wer bin ich? Wie erkenne ich mich selbst? – Ich mag grübeln, mich selbst bespitzeln oder mich noch gelehrten Methoden analysieren – mein Ich bleibt mir verborgen.“ „Wenn du dein Äußeres, dein Gesicht erkennen willst“, antwortete Salomon, „was machst du?“

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    Die besten Dinge des Lebens

    Es war eine Gruppe älterer Herren in Japan. Die Männer trafen sich regelmässig, um untereinander Neuigkeiten auszutauschen und vor allem um gemeinsam eine gute Tasse Tee zu trinken.

    Sie hatten alle grosse Freude daran, besonders teure Teesorten ausfindig zu machen und neue Mischungen zu kreieren, die ihrem Gaumen schmeichelten.

    Als das älteste Mitglied der Gruppe an der Reihe war, die anderen zu bewirten, servierte er den Tee mit der ausgesuchtesten Zeremonie und verteilte die Teeblätter aus einem goldenen Gefäss. Alle Männer waren voll des Lobes und wollten wissen, wie er diese hervorragende Mischung zusammengestellt hatte.

    Der alte Mann lächelte und sagte: „Meine Herren, den Tee, den Sie so köstlich finden, trinken die Bauern auf meiner Farm. Die besten Dinge im Leben sind oft weder teuer noch schwer zu finden.“

    von Anthony de Mello

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