Überraschung
Ein Frosch saß auf dem Brunnenrand,
der Schlossfassade abgewandt,
als die Prinzessin näher kam
und zärtlich seine Froschhand nahm.
„Dich, Frosch“, so sprach die Süße leis,
„muss ich jetzt küssen wild und heiß,
denn täuscht mich nicht die ganze Welt,
steckt in dir drin ein großer Held!“
Der Kuss geschah, und gleich darauf
schoss eine hohe Flamme auf:
Der Frosch stand stolz als Elch im Hof,
die Maid – als Fröschin – glotzte doof.
An neuer Lebensweisheit reich
sprang traurig sie zum Gartenteich.
Egal wie man es ausgeheckt,
die Spannung bleibt, was drinnen steckt.
aus: Rolf Stemmle, Der Mensch im Tier